Marcus Ehning siegt im Rolex Grand Prix: “Das bleibt für immer!”

Was Marcus Ehning heute im Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen 2018 gezeigt hat, war nicht nur der Ritt zum Sieg. Es war eine Demonstration schönen Springreitens, Werbung für den Pferdesport und ein bisschen auch der Verdienst des „besten Publikums der Welt“, wie Ehning die Aachener bezeichnet.

Unter den 40 Paaren auf der Starterliste für den Rolex Grand Prix 2018 waren elf deutsche. Drei schafften es in den zweiten Umlauf: das Rolex Grand Prix-Siegerpaar 2016, Philipp Weishaupt und L.B. Convall, sowie die Nationenpreishelden Marcus Ehning mit Pret a Tout und Maurice Tebbel auf Chacco’s Son. Marcus Ehning musste als erster ran und lieferte schon hier einen fehlerfreien Ritt fürs Lehrbuch. Philipp Weishaupt und Convall hatten einen ärgerlichen Fehler gleich im ersten Drittel des Parcours. Maurice Tebbel und Chacco’s Son hatten einen perfekten Lauf und sahen schon wie das sechste Paar fürs Stechen aus. Doch am letzten Sprung traf Tebbel die falsche Entscheidung, analysierte Bundestrainer Otto Becker anschließend. Sein Hengst kam etwas zu dicht ans Hindernis, die Stange fiel. Aus der Rolex-Traum.

Das Stechen

Da waren es nur noch fünf im Stechen. Außer Ehning, dessen bislang einziger Sieg im Großen Preis von Aachen zwölf Jahre her ist, noch der Ire Darragh Kenny auf Babalou, der Brasilianer Pedro Veniss auf Quabri de L’Isle, der Schweizer Olympiasieger Steve Guerdat mit Bianca und die Vorjahres-Zweite Luciana Diniz auf ihrer Superstute Fit For Fun. Darragh Kennys Oldenburger Balou du Rouet-Tochter Babalou hatte ihren Reiter im zweiten Umlauf an der zweifachen Kombination gerettet, als der sich beim Anreiten verschätzt hatte und die Stute anscheinend 1000 Beine bekam, um sich über die Sprünge zu retten. Sie schaffte es. Aber im Stechen schien sie die Kraft verlassen zu haben: drei Abwürfe.
Pedro Veniss und Quabri de L’Isle waren nach ihrem Sieg im Rolex Major von Genf 2016 als Anwärter auf den Rolex Grand Slam zum CHIO Aachen 2017 gereist. Sie konnten aber im Grand Prix nicht antreten, weil der Hengst sich während des Turniers verletzt hatte. Jetzt standen sie im Stechen und hatten die Chance, den Grand Slam erneut in Angriff zu nehmen. Das gelang: fehlerfrei in 41,62 Sekunden. Eine Zeit, die zu schlagen sein würde? Die Antwort gaben rund eine Minute später Marcus Ehning und Pret a Tout.
Die beiden wurden mit frenetischem Applaus im Stadion begrüßt. Rhythmisch klatschend begleiteten die Aachener den Publikumsliebling an den Start. Womöglich hatte das einen Anteil am späteren Erfolg, denn Pret a Tout liebt die Aufmerksamkeit, verriet Marcus Ehning später: „Wenn er in den Parcours reinkommt und hört das Publikum, ist das ein Ansporn für ihn.“ Es hat gewirkt. Wie an der Schnur gezogen cruisten Ehning und der 15-jährige Selle Français-Wallach Pret a Tout über den Stechparcours – eben Ehning-Style: Unaufgeregt, einfach zügiges Galoppieren auf den kürzesten Wegen. Bei 38,34 Sekunden stoppte die Uhr. Aber noch war nichts entschieden.
Olympiasieger Steve Guerdat ist schließlich nicht gerade bekannt dafür, auf Sicherheit zu reiten. Und mit seiner schwedischen Balou du Rouet-Tochter Bianca hat er ein grundschnelles Pferd unter dem Sattel. Doch schon am dritten Oxer bekam die Stute eine Stange zwischen die Beine.
Dann Luciana Diniz und Fit For Fun. Es gehört zum Ritual der beiden, dass sie im Schritt am hingegebenen Zügel zum Start reiten. Ein letzter Moment der Stille, der Konzentration. Im vergangenen Jahr waren sie schon Zweite. Nun wollten sie es wissen. Sie wussten, was zu tun war. Luciana Diniz: „Ich habe Marcus reiten sehen und mir vorgenommen, so mache ich es auch.“ Das klappte bedingt. Die Stangen blieben liegen. Aber an die Zeit von Pret a Tout kam Diniz‘ kleines Springwunder heute nicht heran: 40,96 Sekunden. Diniz trug es mit Fassung: „Ich bin sehr glücklich über Platz zwei. Und es gibt mir Motivation, es weiter zu versuchen.“

Ein Sieg für die Ewigkeit

Und Marcus Ehning? Der hat nun seinen Kindeskindern etwas zu erzählen: „Das ist eine Sache, die für immer bleibt!“ Ansonsten ist er eben ein echter Horseman: „Mein Dank gilt in erster Linie meinem Pferd. Er hat einen unglaublich guten Charakter und kennt seinen Job!“ Üblicherweise bedanken die erfolgreichen Sportler sich dann auch noch beim Sponsor, dank dem Marcus Ehning heute 330.000 Euro mit nach Hause nimmt. Er tat das auch, gab aber zu: „Da bin ich zwiegespalten. Auf der einen Seite bin ich Rolex sehr dankbar, dass sie das hier ermöglichen. Auf der anderen Seite fallen die Stangen an den Rolex-Hindernissen einfach viel zu leicht!“ Das nächste Mal kann er sein Glück an den grün-gelben Sprüngen versuchen, wenn er Ende September in Spruce Meadows als Anwärter im „Rolex Grand Slam of Show Jumping“ an den Start gehen sollte. Das hatte er eigentlich gar nicht geplant gehabt. Nun muss umdisponiert werden. Aber das hat Zeit. Jetzt wird erst mal dieser Erfolg genossen nach einem CHIO Aachen mit insgesamt 362.000 Zuschauern und fantastischem Sport.

Unter den 40.000, die sich heute mit Marcus Ehning gefreut haben, war einer, der besonders mitgefiebert hat: Bundestrainer Otto Becker. „Ich gönne es Marcus! Er ist unheimlich wichtig fürs Team und war Donnerstag ein wichtiger Baustein“, spielte er auf den Sieg im Mercedes-Benz Nationenpreis an (dem dritten in Folge, jedesmal mit Marcus Ehning und Pret a Tout in der Mannschaft). „Außerdem macht er das mit dem Management der Pferde vom Allerfeinsten!“
Es soll ja Leute gegeben haben, die vor Aachen von einer Krise des deutschen Springsports gesprochen haben. Otto Becker: „Die Krise kann weitergehen!“ Zum Beispiel in Spruce Meadows beim nächsten Major des Jahres.

Quelle 

Pressestelle ALRV - Aachen